Stadthalle Lohr
Alles, außer gewöhnlich, sondern urban und extravagant waren die Pläne des Stuttgarter Architekturbüros Bez + Kock für den Neubau der Stadthalle Lohr. Der Entwurf des asymmetrischen siebeneckigen Baukörpers mit unkonventionellen Laibungsöffnungen machte schließlich das Rennen im Rat von Lohr am Main.
Die Stadt darf sich aufgrund vieler historischer und geografischer Parallelen zum Märchen der Brüder Grimm mit dem Attribut „Schneewittchenstadt“ schmücken. Doch wie so viele Bauvorhaben, die einen künstlerisch-avantgardistischen Anspruch besitzen, polarisierte das Projekt während seiner Bauzeit: „Hochbunker mit Schießscharten“ nannte der Volksmund den Rohbau, doch das sollte sich ändern.
Erst als die Gebäudehülle mit der fein nuancierten Klinkerfassade vollendet wurde, schlug die Ablehnung der Lohrer Bevölkerung wie in einer märchenhaften Verwandlung in Begeisterung um. Der Mörtel, der die optische Klammer für den im Farbton fein changierenden Klinker der Ziegelei Hebrok bildet, stammt von quick-mix.
Ein architektonischer Solitär und kultureller Leuchtturm sollte die Stadthalle für die 15.000 Einwohner zählende Stadt im Spessart werden. Wohl auch deshalb entschied sich die Stadt für einen Entwurf mit Klinkerfassade. Während in Süddeutschland der Putz die Fassaden dominiert, wurde in norddeutscher Tradition ein widerstandsfähiges und nahezu wartungsfreies Verblendmauerwerk hergestellt. Diese Art der Fassadengestaltung ist im Bau aufwändiger und kostenintensiver, sie rechnet sich aber über den gesamten Nutzungszeitraum einer Immobilie.
Klinker und Mörtel individuell für Bauvorhaben entwickelt
Eigens für die Stadthalle kreierte die Ziegelei Hebrok aus dem niedersächsischen Hagen am Teutoburger Wald den Backstein Klinker „145 Sortierung Stadthalle Lohr“. Die im Wasserstrichverfahren hergestellten Vollsteine besitzen einzigartige optische Charakteristiken, die jeden Stein zu einem Unikat machen. Hierzu gehören die prismatische Ausbildung der Form sowie ungleichmäßige Oberflächen mit produktionsbedingten Rillen, Aufrisse in Form von sogenannten Lunkern, unregelmäßige Kanten, Aufbrennungen und Einrisse auf den Fußseiten bis zur Hälfte des Steins. Das Vorkommen und die Häufigkeit dieser Eigenschaften sind im Produktionsprozess nicht steuerbar und daher nicht reproduzierbar. Sie stellen sich während des Pressvorganges der Steine zufällig ein und machen jeden Stein einzigartig. Die Klinker zeigen einen lehmig hell- bis beigeweiß-grauen Farbverlauf, der sich auf den Läufern durch leicht bis mittelstark changierende und auf den Köpfen durch eher einfarbige und beige-graue Nuancen auszeichnet. Die Farben verlaufen aquarellartig ineinander, wobei die hellen Farben die dunkleren braun-beige Töne leicht durchscheinen lassen, sodass sie das Weiß brechen.
Ästhetische und technische Herausforderungen
Eine wesentliche Voraussetzung für eine dauerhaft schöne und beständige Verblendfassade war die Aussteuerung des richtigen, auf die verwendeten Steine abgestimmten, Vormauermörtels. Dieser musste sowohl mit dem breiten Farbspektrum harmonieren als auch technisch funktional und wirtschaftlich sein. Nicht weniger als eine zweistellige Anzahl von Musterflächen verwarf der leitende Architekt. Erst kurz vor dem avisierten Baubeginn fand sich mit einer Spezialmischung des V.O.R. Mauermörtels VM 01 von quick-mix der ideale Baustoff. Bei der Nachmusterung fiel der Blick auf eine Variante des Mörtels, die quick-mix ursprünglich für ein großes Bauvorhaben im Freiburger Stadtteil Rieselfeld rezeptiert hatte. Hier wurde ein Mörtel verlangt, der von der Grundfarbe sehr hell ist, eine ganz leichte beige-gelbliche Färbung besitzt und für schwach saugendes Mauerwerk gut zu verarbeiten ist. Dieser Mörtel bildete die Grundlage für die Lohrer Mischung. Neben der Farbe, die quick-mix exakt aussteuerte, punktete der V.O.R. Mauermörtel VM 01 mit technischen und wirtschaftlichen Mehrwerten.
Standortvorteil bei Logistik und Ausgangsmaterialien
Hierzu gehörte auch, dass quick-mix seinen Standortvorteil ausspielte. Das Trockenmörtelwerk Stockstadt liegt gut 50 Kilometer entfernt von Lohr, sodass ein wirtschaftlicher Transport gewährleistet war. Das Werk in Stockstadt verfügt über für das Lohrer Bauvorhaben ideal geeignete Ausgangsstoffe wie Flusssande, Mehle und Zemente sowie ein spezielles Rundkorn, das der Lohrer Mischung zugeschlagen wurde und für ein hohes Standvermögen sorgt. So stellte quick-mix die kontinuierliche Belieferung des Bauvorhabens mit einem konstant hohen Qualitätsniveau sicher. Rund 160 Tonnen V.O.R. Mauermörtel lieferte quick-mix für die 2.300 Quadratmeter umfassende Außenfassade.
Mauern und Fugen in nur einem Arbeitsgang
Schon früh zeichnete sich ab, dass die avisierten Baukosten von 15 Millionen Euro für die Stadthalle deutlich überschritten werden. Deshalb hatten Wirtschaftlichkeit und Systemsicherheit auch bei der Ausführung des Verblendmauerwerks höchste Priorität. Bei schwach saugenden Verblendern wie der Lohrer Sortierung zieht Wasser nur langsam ein, es droht ein Wässern des Mörtels an den Kontaktflächen und Aufschwimmen der Steine sowie das Eindringen von Regenwasser. Um dem vorzubeugen, wurde das Wasserrückhaltevermögen des Mörtels exakt auf das Saugverhalten der verwendeten Steine abgestimmt. Zusätzlich ermöglicht der V.O.R Mauermörtel VM 01 von quick-mix den Fugenglattstrich, der das Risiko beim Verblenden deutlich senkt. Hierbei ist der Mauermörtel zugleich der Fugenmörtel, sodass in einem Arbeitsgang aufgemauert und verfugt wird. Für ein homogenes Fugenbild wird ausquellender Mörtel beim Aufmauern abgestrichen und der verbleibende Mörtel mit einem Rundholz, Fugeisen oder einem Stück Schlauch bündig zu den Fronten des Sichtmauerwerks glatt gestrichen und verdichtet.
Das exakt ausgesteuerte Wasserrückhaltevermögen hält den Mörtel währenddessen plastisch, sodass herausquellender Mörtel nicht abreißt und die innenliegende Luftschicht des zweischaligen Mauerwerks zusetzt. Auch die Gefahr der Verschmutzung von Sichtflächen durch Mörtelleim wird so gebannt. Der Fugenglattstrich spart gegenüber dem nachträglichen Auskratzen und Verfugen nicht nur Zeit und damit Lohn- und Gerüststandkosten, er hat auch den Vorteil, dass Mauerwerk und Fugen unter denselben Witterungsbedingungen ausgeführt werden.
Zudem besteht beim nachträglichen Auskratzen des Mörtels die Gefahr, dass die Steinflanken beschädigt werden. Im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung erhielt die Lagierski Klinkerbau GmbH & Co. KG mit Sitz in Neckarsulm den Zuschlag für die Ausführung der Verblendarbeiten an der Fassade und im Inneren der Stadthalle Lohr.
Ziel des Architektenentwurfes war es, dass Klinkerfronten und Fugen eine optisch homogene Einheit bilden, die nur durch die eigenwilligen Laibungsöffnungen dreidimensional aufgebrochen wird. Mithin war eine nahezu plane, mauerwerksbündige Verfugung gefordert, die sich außen an den Steinflanken orientiert und leicht konkav ausgeformt ist. Hierzu musste der Mörtel auch im leicht angetrockneten Zustand eine hinreichende Verformungsfähigkeit besitzen.
Der richtige Zeitpunkt für den Fugenglattstrich
Das Zusammenspiel von Mensch und Material ist schließlich entscheidend für den perfekten Fugenglattstrich. Denn um in Abhängigkeit von Witterung und Sonneneinstrahlung das perfekte „Finish“ zu erzielen, werden bei der Ausführung hohe Sorgfalt, Erfahrung und ein Quantum handwerkliche Intuition benötigt. Bei einem verfrühten Fugenglattstrich zieht das Fugwerkzeug zu viele Bindemittel und Pigmentanteile an die Oberfläche, sodass die Fuge zu hell wird. Erfolgt der Fugenglattstrich zu spät bei bereits abgetrockneter und verfestigter Fugenoberfläche, bricht die Körnung aus: Das Fugwerkzeug schabt unerwünscht Körner und Bindemittel von der Oberfläche ab, mit dem Resultat, dass die Fugenoberfläche rau und zu dunkel wird.
Erfahrene Fachhandwerker prüfen mit der sogenannten Daumenprobe die richtige Mörtelkonsistenz. Diese ist erreicht, wenn keine Mörtelreste am Finger haften bleiben, nachdem der Daumen kurz mit leichtem Druck auf die frische Fuge gelegt wurde. Beim Bau der Stadthalle Lohr wurde der Fugenglattstrich mit einem Stück Kunststoffschlauch ausgeführt. Als zusätzliches Stilelement spiegelt sich die Außenhaut des Gebäudes an exponierten Stellen im Innern wider. Im lichtdurchfluteten Foyer und ausgewählten Gängen wurden Wände und Untersichten mit Klinkerriemchen der Lohrer Sortierung verkleidet, indem die Riemchen auf die Wärmedämmung und den Beton aufgeklebt wurden.
Eigens für diese rund 300 Quadratmeter zählenden Flächen kreierte quick-mix einen Klebemörtel mit denselben optischen Eigenschaften, wie sie der Vormauermörtel aufweist. Als im Dezember 2015 die markante Klinkerfassade fertiggestellt war, hatte das Vormauerwerk das neue kulturelle Zentrum der Schneewittchenstadt aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Ein Jahr später, am 1. Dezember 2016, wurde die Stadthalle Lohr feierlich eröffnet. Als kleine Hommage an die Fassade und Zeichen dafür, dass sich die Lohrer Bevölkerung mit ihrer Stadthalle versöhnt hat, stieg am Tag darauf das „Klinkertronik Festival“, bei dem namhafte Discjockeys hinter der charakteristischen Fassade elektronische Musik auflegten.