So entstand der neue Ressourcen 
SchutzPutz

Sievert setzt auf Kreislaufwirtschaft 

Es war eine Frage, die ein kleines Team bei Sievert am Anfang der Pandemie beschäftigte: Wie können wir den immer größer werdenden Bedarf an Kalkstein für die Baustoffindustrie decken, ohne die Umwelt zu belasten? Wie das Thema ressourcenschonende Nutzung von Rohstoffen vorantreiben – und welche Rolle kann Bauschutt dabei spielen? Dr. Tina Oertel, Carolin Gräf, Christoph Klüsener, Markus Martin, Christoph Bader und Manuel Reiter starteten eine Mission, um auf diese Fragen nachhaltige Antworten zu finden.  

Teil 1 – Alles beginnt in der Forschung 


Wir kennen sie alle: Die Bilder von Demonstrationen vor Steinbrüchen. Anwohnerinnen und Aktivisten kämpfen für den Erhalt der Flora und Fauna an Ortsrändern. Was aber, wenn es eine Alternative zu dem Abbau von Steinbrüchen gäbe? Was wäre eine nachhaltige Lösung, die den Ressourcenverbrauch in der Baubranche auf Dauer massiv reduziert?

Damit ging eine intensive Recherche in der Forschung und Entwicklung los. Welche Arten von Bauschutt gibt es? Was geschieht mit dem Material aus rückgebauten Gebäuden, Brücken oder Straßen? Welche Schadstoffe gibt es im Bauschutt und wie lassen sich diese für den Wiedereinsatz extrahieren? Und: Wer soll das alles bezahlen? 

Bald wurden die Öfen hochgefahren, um das Material zu trocknen. Über Siebtürme wurden definierte Korngrößen aus dem Allerlei herausgefiltert und mittels Natronlauge organische Bestandteile im Bauschutt sowie die Dichte der Muster bestimmt. Zuletzt wurden im Labormaßstab kleine Mörtel- und Putzproben mit Betonabbruch hergestellt. Das Ziel: herausfinden, welche Sekundärrohstoffe in Sievert Produkten eingesetzt werden können – und vor allem: wie?

 

 

„Ich liebe es, wenn eine Idee aufgeht.“
Dr. Tina Oertel, Teamleiterin F&E Fassadensysteme

 

 

Dr. Tina Oertel, Teamleiterin F & E Fassadensysteme erinnert sich an den Durchbruch: „Ich hatte mir in meinem Ideenordner bereits 2021 das Unternehmen Eberhard als möglichen Partner notiert, damals schrieb mir Christoph Bader von der Sievert AG in der Schweiz vollkommen euphorisch von seinem Kundenbesuch bei Eberhard und dem Betonrezyklat, welches sie uns anbieten konnten. Und tatsächlich, einen der Knackpunkte, die wir bis dato in der Forschung hatte, konnte Eberhardt lösen: Sie waren der einzige Anbieter mit einer definierten Korngrößenabstufung im feinen Bereich, die maximale Größe des Korn liegt bei 2 mm. Dies ist eine Grundvoraussetzung, dass das Betonrezyklat in Putzen eingesetzt werden kann.“

Die Kooperation mit dem Schweizer Recyclingunternehmen Eberhard in der Schweiz war der Schlüssel zur weiteren Entwicklung. Eberhard hatte mit seinem recycelten Zirkulit-Beton bereits Maßstäbe gesetzt und zeigte, wie Abbruchmaterialien mit technischer Exzellenz zu hochwertigen Baustoffen verarbeitet werden. In einem bahnbrechenden Verfahren werden mineralische Stoffe so sortenrein aufbereitet, dass sie in ihrer Qualität Primärrohstoffen entsprechen. Danach wird der Stoff in einer Druckkammer mit CO2 begast, durch ein spezielles Sequenzierungsverfahren. Mit diesem Ansatz unterstützte Eberhard die Entwicklung eines neuen Putzmaterials mit Sekundärrohstoffen – bei gleicher Qualität und Verarbeitung.

 

 

Womensplaining auf dem Bau

„Es war staubig, schweißtreibend – und wir alle waren voller Erwartungen.“


– Carolin Gräf, Projektleiterin

 

Jetzt war es an der Zeit, die Theorie unter Bauschutt zu begraben. 800 Kilogramm Betonrezyklat von Eberhard wurden nach Süddeutschland transportiert. Das Projektteam wurde vielfältiger, beteiligt waren jetzt auch die Werke Eigeltingen, Allmendingen und Wittislingen samt Produktionsmitarbeiter, Anwendungstechnik und Qualitätssicherung. Im März 2022 wurde es dann ernst: In Eigeltingen wurden verschiedene Versuchsmischungen per Hand gefertigt.

„Letztendlich ist das, was zählt, wie die Handhabung auf der Baustelle funktioniert. Da zählt nicht nur Nachhaltigkeit, sondern ob das Produkt in der Verarbeitung, optischem Erscheinungsbild und Qualität glänzen kann – das war die Fragestellung, die wir in den großen Versuchsreihen dank der Maschinentechnik und erfahrener Kollegen klären konnten.“

Verschiedene Mörtelmischungen á 100 kg mit mindestens zehn separaten Rohstoffen als Zugabe wurden für den Versuch angesetzt. Dank des großen Teamgeistes und mehrtägiger Entwicklungsarbeit kam schnell die Erleichterung: Die RessourcenSchutzPutze, wie sie heute auf dem deutschen Markt heißen, waren geboren. 

Teil 2 – Das Guerilla-Werk Eigeltingen 

 

Für Markus Martin, Werksleiter von Eigeltingen, und seit 37 Jahren bei Sievert, war schon lange vor der Entwicklung des RessourcenSchutzPutzes klar: „Wenn du der Erste bist mit einer Innovation, hast du mindestens fünf Jahre Vorsprung. Du musst den Zug steuern, nicht erst später aufspringen.“

Im Sommer 2023 begann unter seiner Werksleitung die Produktion des ersten marktreifen Putzes. Allerdings erstmal für den Schweizer Markt, unter dem Namen akurit KIP-it. Z25. Der Standort ist nicht nur strategisch ideal – nahe der Schweiz und damit den Rohstoffen von Eberhard –, sondern auch ein Ort, an dem Innovation gelebt wird.

Das Werk Eigeltingen wird damit bald zum zentralen Schauplatz der Versuchsanordnungen. Hier werden die ersten Prototypen getestet, Mischungen angepasst und unzählige Big Packs durch die Produktionshallen geschleust. „Es war ein harter Anfang“, erinnert sich Markus, „aber wir haben uns alle reingekniet.“

Damit das Produkt in Eigeltingen in hoher Anzahl produziert werden konnte, mussten einige Umbaumaßnahmen vorgenommen werden. Bereits 2022 wurde vom Team die notwendige Infrastruktur geschaffen, um die Körnung der Sekundärrohstoffe von Eberhard zu verarbeiten, unter anderem durch die komplexe Zuschneidung von Silos. Eine Viertelmillion kostete das zwar, aber im November 2023 begann die Produktion des weltweit ersten zirkulären Kalk-Zement Leichtgrundputzes.

 

 

„Ohne die Mannschaft könnten wir das alles sowieso gar nicht machen. Die sind bei solchen Projekten immer sofort dabei.“

 

– Markus Martin, Werksleiter Eigeltingen

 

Innovationstreiber Markus Martin schwört auf sein Team 

Die Einführung eines neuen Produkts stößt nicht immer auf Begeisterung in einem Unternehmen. Es geht darum, alle mitzunehmen. Klüsener sieht die Europäische Union und das Pariser Klimaabkommen als treibende Kräfte hinter Projekten wie diesen: „Jedes Unternehmen muss ab 2025 akribische Nachhaltigkeitsberichte schreiben. Kunden, die Millionen in Gebäude investieren, müssen deren Umweltfreundlichkeit nachweisen. Damit wird sich vieles ändern müssen.“

Markus ergänzt aus wirtschaftlicher Perspektive seines Werkes: „Bis 2030 gibt es kaum noch Platz für Bauschutt. Wir müssen das Material wiederverwenden – und wer das am besten kann, gewinnt. Nur mit traditionellen Produkten kannst du kein Werk halten, du brauchst eine gewisse Auslastung, um ein Werk zu betreiben.“ Für den Nachhaltigkeitsmanager Klüsener ist klar: „Am Ende könnte sich eine andere Technologie durchsetzen als jene, auf die wir setzen.“

 

 

„Aber wenn der Staat die Kreislaufwirtschaft vorschreibt, werden alle nach neuen Lösungen suchen. Das Schöne ist: Wir haben sie dann schon.“

– Christoph Klüsener, Nachhaltigkeitsmanager

 

 

 

Teil 3 – Das erste Großprojekt 

 

Der Weg zur Markteinführung eines innovativen Baustoffs, der nachhaltige Sekundärrohstoffe integriert, begann in der Schweiz – einem Land, das in puncto Nachhaltigkeit weltweit als Vorreiter gilt. Bevor das Produkt ab Anfang 2025 auf dem deutschen Markt debütiert, hat es in der Schweiz eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben. Hier nahm die Entwicklung nicht nur ihren Anfang, sondern der Schweizer Ableger war der erste, der das Produkt erfolgreich unter der Marke akurit als KIP-it. Z25 verkaufte. Es dauerte nicht lange, bis es in einem ersten Großprojekt zum Einsatz kam.

Einer der Geschäftsführer der Sievert AG in der Schweiz, Christoph Bader, war bei den ersten Tests in Eigeltingen dabei. Er erinnert sich gerne an die Zeit nach den Versuchen: „Sofort danach redest du über Formalitäten, welche Produkte wollen wir überhaupt machen? In welchen Produkten kannst du welche Körnung einsetzen? Dann hatten wir schnell die Ausgangslage, dass Markus Martin in seinem Werk nur feine Produkte herstellen kann. Wie können wir jetzt diesen Rohstoff ins Werk bringen? Uns war klar, dass wir in Eigeltingen produzieren, alle anderen Werke wären technisch möglich – aber zu weit weg.“ 

 

In der Schweiz wird Feinkörnung aufgetischt 

„Es gab schnell ein kleines Team, das begeistert war von der Idee. Wo jeder gesagt hat, es gibt keinen Grund, das nicht zu prüfen.“

– Christoph Bader, Geschäftsführer Sievert AG

 

 

Der JED Innovation Campus befindet sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln 11 Minuten vom Züricher Hauptbahnhof entfernt. In der ehemaligen NZZ-Druckerei in Zürich-Schlieren ist der JED ist als Hub für Innovation und Wissenstransfer entstanden. Auf 38.000 Quadratmetern befinden sich Büro- und Gewerberäume, Laborflächen, Event-Locations sowie Gastroangebote. Der Schweizer akurit  KIP-It. Z25 schmückt die untere Fassade, aber bis dahin war es ein langer Weg. Ursprünglich waren die Verputzarbeiten bereits weit fortgeschritten, doch ein Kontakt von Manuel Reiter, dem weiteren Geschäftsführer der Schweizer Sievert AG, ermöglichte es, das Produkt kurzfristig in die Außenfassade des Projekts zu integrieren. Diese Entscheidung markierte den Wendepunkt: Anstatt mit einem kleinen Pilotprojekt zu starten, wagte Sievert den Sprung in ein anspruchsvolles Bauvorhaben. Und zwar erfolgreich. „Innerhalb kürzester Zeit wurde der Rohstoff Just-in-Time produziert und ausgeliefert dank Markus Martins‘ Mannschaft und ein paar Sondereinsätzen“, erinnert sich Reiter.

 

„Wir hatten keine Landingpage, keine Marketingmaterialien, sondern nur das Vertrauen in die Qualität unseres Produkts.“

– Manuel Reiter, Geschäftsführer Sievert AG

 

Die Schweizer Philosophie, Nachhaltigkeit konsequent in Bauprojekte zu integrieren, hat den gesamten Entwicklungsprozess geprägt. Auch eine Underdog-Attitüde steht dem Unternehmen gut. In der Schweiz steht die Vision eines zirkulären Baustoffs im Fokus. Ob die Kunden und Kundinnen bereit sind, diesen visionären Schritt zu belohnen, bleibt abzuwarten. Diese Haltung hat es jedenfalls ermöglicht, in kürzester Zeit aus der Idee, ein Produkt zu entwickeln. Intern bei Sievert kam schnell die Frage auf: Wie können wir jetzt nach Deutschland skalieren?

 

 

In Zürich schmückt der ressourcenschonende Putz die Außenfassade 

Teil 4 – Der deutsche Produktlaunch

 

Anfang 2025 ist das Produkt in Deutschland unter dem Namen RessourcenSchutzPutz – der neue akurit KIP-it SR – erschienen, als Teil einer Reihe mit insgesamt vier Baustoffen, die durch die Sekundärrohrstoffe, die der feinkörnige Bauschutt-Zulieferer Eberhard aufbereitet, die Baubranche nachhaltiger und ressourcenschonend gestalten werden. Es ist bemerkenswert, wie diese Innovation in wenigen Jahren intern so gepusht wurde, dass Sievert diesen jetzt bald auch international verkaufen wird. 

Christoph Klüsener, der die neue Nachhaltigkeitsinitiative maßgeblich mit vorangetrieben hat, erklärt: „Das Schweizer Geschäft hat uns gezeigt, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen können. Für Sievert Deutschland ist das eine enorme Chance, sich ebenfalls als Innovationsführer zu positionieren.“

Was braucht es also, um ein bahnbrechendes Produkt auf den Markt zu bringen? Eine Vision der Nachhaltigkeit und eine Handvoll Leute bei Sievert hat es bewiesen: Durch die Zusammenarbeit aus den verschiedensten Abteilungen ist ein Silo voller Mut entstanden, das Thema Nachhaltigkeit voranzutreiben.
 

 

 

Der innovative RessourcenSchutzPutz

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