"Ich bin nicht radikal"
Karoline Pauls macht bei Sievert eine Ausbildung zur Baustoffprüferin. Hier lernt sie viel über Normen und Nachhaltigkeit, aber auch, was es heißt, einige der wenigen Frauen in diesem Berufsfeld zu sein. Im Interview erzählt sie, warum Nachhaltigkeit ein langfristiges Thema ist – und warum sie genau die Richtige für den Job ist.
Sievert: Seit wann machst du deine Ausbildung bei uns – und was genau machst du?
Karoline: Ich mache seit August 2024 die Ausbildung zur Baustoffprüferin. Regulär geht die Ausbildung für 3 Jahre, aber ich könnte auf zweieinhalb verkürzen, weil ich schon Abitur habe. Hier bei Sievert arbeiten wir mit vielen verschiedenen Baustoffen: Beton, Fliesenkleber, Dünnbettmörtel. Dabei halten wir uns an klare Normen, die genau vorschreiben, wie die Produkte geprüft werden müssen.
Sievert: Wie läuft so eine Prüfung ab?
Karoline: Zum Beispiel prüfen wir die Festigkeiten. Dafür mischen wir die Produkte an, füllen sie in Prismen- oder Würfelformen, lassen sie aushärten und messen an festgelegten Tagen – etwa nach einem, 7 oder 28 Tagen – ob die Norm erfüllt ist. Auch die Konsistenz ist wichtig. Die wird mit einem genormten Testverfahren gemessen, bei dem das Material in eine Form gefüllt und fünfzehn Mal aus klar definierter Höhe fallengelassen wird
Sievert: Warum ist das so wichtig?
Karoline: Wir vergleichen den Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand. Es reicht nicht zu sagen: „Das ist weich“ oder „Das ist fest“. Wir brauchen objektive Werte. Wenn etwas nicht passt, wissen wir genau, wo wir weiter ansetzen müssen.
Sievert: Inwiefern ist Nachhaltigkeit ein Teil deiner Arbeit?
Karoline: Bei Sievert arbeite ich auch mit zementreduzierten Produkten – zum Beispiel mit dem Fliesenkleber mit der SECON-Bindemitteltechnologie. Wir haben auch an einem 3D-Beton gearbeitet, bei dem wir Zement schrittweise durch Sekundärrohstoffe ersetzt haben – von 5 auf bis zu 33 Prozent. Da sieht man deutlich die Unterschiede bei Festigkeit und Konsistenz.
„Wenn wir ein Gebäude nachhaltiger bauen und es dann einstürzt, bringt das nichts. Es muss beides stimmen – Nachhaltigkeit und Qualität.“
Sievert: Arbeitest du hauptsächlich an nachhaltigen Baustoffen?
Karoline: Nicht nur. Wir sind ein Unternehmen, nicht an der Hochschule, da spielen auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Manchmal ist ein regionaler Sand günstiger und zugleich nachhaltiger, weil der Lieferweg kurz ist – auch wenn das nicht das Hauptziel war, ist das ein netter Nebeneffekt. Der Trend zur Nachhaltigkeit ist da, aber es ist ein langer Prozess. Das geht nicht in ein paar Monaten.
Sievert: Wie war dein Einstieg bei Sievert?
Karoline: Ich wurde sehr schnell in Projekte mit reingenommen. Laut Rahmenplan war das nicht vorgesehen, aber ich konnte direkt sehr viel machen. Ich hatte das Gefühl etwas beizutragen, Teil des Projekts zu sein. Ich fühle mit, wenn ein Baustoff nicht ganz der Norm entspricht und dann weiter geforscht werden muss, bis wir so weit sind. Nicht so wie in einem Drama im Kino, aber das ist schon interessant, wenn man was Neues ausprobiert, also mit neuen Rohstoffen arbeitet, und dann guckt: Okay, ist das besser als die Standardrezeptur – oder genauso gut?
Sievert: Was gefällt dir an der Arbeit mit Normen und Regeln?
Karoline: Es gibt klare Vorgaben. Man kann nicht viel falsch machen, wenn man sich daranhält. Man hat ein eindeutiges Ergebnis. Es gibt wenig Interpretationsspielraum, entweder ist der Wert gut oder schlecht. Ich habe mal angefangen, Öffentliches Recht zu studieren, aber das war mir zu theoretisch. Hier bei Sievert verstehe ich die Theorie besser durch die Einbindung in die Praxis.
„Ich bin keine Person großer Worte. ich muss erst nachdenken, bevor ich antworte. Mehr denken, weniger reden: Ich muss nur sagen, was das Ding ist. Das passt bestens zu dem Job.“
Sievert: Wie sieht der Alltag einer Baustoffprüferin bei Sievert aus?
Karoline: Das ist je nach Abteilung unterschiedlich. Im Werk prüfen Baustoffprüfer die Qualität der Produkte – ob es Abweichungen gibt oder alles stabil läuft. Andere in meiner Klasse prüfen auch direkt auf Baustellen – mit kleinen mobilen Laboren. Bei Sievert liegt mein Fokus auf Beton und Mörtel, aber ich muss auch Asphalt und Geotechnik lernen.
Sievert: Wie nimmst du den Stellenwert von Nachhaltigkeit im Unternehmen wahr?
Karoline: Ich sehe, dass sich Sievert ernsthaft mit dem Thema beschäftigt. Es gibt viele Kampagnen dazu, und das gefällt mir. Bei der Bewerbung ging es mir zwar um die Ausbildung generell, aber als ich hier angefangen habe und verstanden habe, dass hier viel in das Thema gesteckt wird, fiel mir das sehr positiv auf.
Sievert: Ist die Ausbildung so männerdominiert wie der Rest der Baubranche?
Karoline: In meiner Klasse sind 27 Jungs und 3 Mädchen – also ja. Aber es ist eher ein Laborberuf. In Laboren arbeiten oft mehr Frauen, bei der Baustoffprüfung aktuell mehr Männer. Körperlich gibt es Unterschiede – offiziell darf ich sogar weniger tragen als Männer – aber ich komme gut mit dem Aufwand klar. Wir benutzen Rollwagen, und das meiste lässt sich gut handhaben.
Sievert: Wem würdest du die Ausbildung empfehlen?
Karoline: Menschen, die eine klare Struktur mögen. Im Vergleich zum Studium ist man viel mehr in der Praxis, muss aber auch selbstständig arbeiten. Wenn man eine gute Mischung aus Theorie und Praxis will, ist das ideal. Wir haben Blockunterricht – es gibt nur wenige Schulen in Deutschland, die den Ausbildungsberuf Baustoffprüferin unterrichten; in Bayern, Berlin und NRW – deshalb läuft der Unterricht in 3- bis 4-wöchigen Blöcken. Das ist gut, weil man sich ganz auf die Schule konzentrieren kann.
Sievert: Wie sehr interessiert dich Nachhaltigkeit persönlich?
Karoline: Ich habe mal an einem Hochschulprojekt zu nachhaltiger Ernährung teilgenommen und achte auch bei meiner Kleidung darauf, ob es Fast Fashion oder Second Hand ist. Ich würde mich nicht als radikal beschreiben, aber wichtig ist mir das Thema definitiv.

Zur Auszubildenden:
Karoline Pauls ist seit 2024 in der Ausbildung zur Baustoffprüferin. Davor hat sie Öffentliches Recht studiert, schätzt aber die Verbindung von Theorie und Praxis bei Sievert mehr. Sie legt auch privat auf Nachhaltigkeitsthemen wert, besonders bei Modefragen und in der Ernährung.